Vorweg: Ich liebe es zu Backen und in der Küche zu stehen. Es gibt eigentlich kaum ein Küchenprojekt, das ich wirklich als gescheitert bezeichnen würde – wenn, war der Output nur ein bisschen anders, als gehofft. Klar geht mal was schief oder schmeckt nicht ganz so wie erwartet, aber wegwerfen musste ich eigentlich noch nie etwas. Doch. Brote. Ein paar Brote. Meine Sauerteig-Experimente sind tatsächlich nicht nur einmal gescheitert. Bis der Frust dann so groß war, dass ich schon aufgeben wollte. Ein Jahr Sauerteig-Pause und dann die Erkenntnis. Und das Ergebnis: Das einfachste Sauerteigbrot der Welt. Dieses und meinen Weg bis dahin möchte ich heute mit euch teilen. Eine Geschichte über Perfektionismus, Loslassen und es sich einfach leicht machen. Ja, so philosopisch kann Brotbacken sein.
Sauerteig – das kann doch nicht so schwer sein
Alles begann mit einem Sauerteig-Ansatz einer Kollegin (Ja Katja, die Rede ist von dir…). Eine begnadete Brotbäckerin und generell einfach eine Selbermacherin. Mit ein paar Instruktionen auf einem kleinen Zettelchen und dem Sauerteigansatz in der Hand stand ich wenig später in meiner Küche und fabrizierte ein großartiges erstes Sauerteigbrot. Anfängerglück? Auch das zweite und dritte Brot schmeckten und ich fragte mich, warum Sauerteigbrote als die große Kunst im Brotbacken angesehen werden. Und dann kippte der Teig. Und die Stimmung. Die Brote wurden steinhart oder matschig. Jedenfalls war keines mehr essbar. Ich recherchierte und suchte nach Lösungen, mein Freund (heute Mann) flehte mich an, es doch mit ein bisschen Hefe zu versuchen. Aber Hefe kam mir nicht in den Teig. Das konnte nicht die Lösung sein.
Zurück in die Schule (am Berg)
Vermutlich war er verzweifelt darüber, wie viele Brote im Müll landeten oder er doch runterwürgen musste, weil sie halbwegs essbar waren. Jedenfalls machte mein Freund mit mir einen Ausflug zur Schule am Berg. Roswitha Huber veranstaltet auf der Kalchkendlalm sensationelle Brotbackkurse. Von ihr lernte ich, wie Sauerteig riechen soll, wie er sich anfühlt und wie man einen Brotbackofen richtig befüllt. Rezepte? Hat sie. Braucht sie aber nicht. Bei Roswitha funktioniert alles nach Gefühl und ihrem intuitiven Wissen. Der Brotbackkurs war ein Genuss für alle Sinne und äußerst lehrreich. Wann immer ich die Chance habe, werde ich wieder zu ihr auf die Alm gehen und weiterlernen. Meine Brote nach dem Kurs waren okay. Aber nicht überwältigend. Mein Wissensdurst war gestillt – meinen Perfektionismus konnte ich noch nicht loslassen. Ich brauchte genauere Hilfestellung.
Brotbacken in Perfektion
Irgendwie fand dann das „Brotbackbuch Nr. 1“ von Lutz Geißler seinen Weg in meine Küche. Dieser Herr ist so ziemlich das Gegenteil von Roswitha Huber. Fast wissenschaftlich geht er an das Thema Brotbacken heran. Aufs Gramm genau wird abgewogen, auf jede Minute im Ofen kommt es an. Richtet man sich zu 100% nach seinen Angaben, wird man mit sehr gutem Brot belohnt. Und ja, diese Angaben befriedigten meinen Perfektionismus. Allerdings koche und backe ich dann immer auch nach der Pi mal Daumen Regel. Also steckt dann doch eine kleine Roswitha in mir? Wie soll sich der Teig anfühlen und wie kann ich dieses Ergebnis beeinflussen. Das war alles, was ich wissen musste. Die Kombination aus Roswithas intuitivem Backen und Lutz´akribischer Wissenschaft dahinter – genau die hat es gebraucht.
Das einfachste Sauerteig-Rezept der Welt
Momentan backe ich wöchentlich ein Sauerteigbrot nach diesem Rezept und es gelingt einfach immer. Eine absolute Genugtuung nach so vielen Fehlversuchen. Deshalb möchte ich es hier mit euch teilen. Kleine Vorwarnung: Manchmal Bedarf es kleiner Adaptionen, damit das Brot so wird, wie man es gerne hätte. Deshalb ist auch dies hier nur ein Pi mal Daumen Rezept 😉
- 500g Roggenmehl
- 100g Sauerteig
- 400ml lauwarmes Wasser
- 10g Salz
Das ist alles, was es für ein gutes Brot braucht. Ich mische zuerst 200ml Wasser mit dem Mehl. Dann füge ich den Sauerteig hinzu und erst dann die zweite Hälfte des Wassers und das Salz. Manchmal braucht es ein bisschen mehr Wasser. Der Teig ist gatschig und nicht mit einem herkömmlichen Teig zu vergleichen, den man gut kneten kann. Ich vermenge alles mit einem Löffel. Dann darf der Teig 3h lang gehen. Danach heize ich den Ofen auf 250° C Ober- und Unterhitze vor und fülle den Teig in ein Simperl. Dort bleibt es noch einmal 15 min. Wenn der Ofen heiß ist, wird das Brot aus dem Simperl auf das heiße Backblech gestürzt. Nach 10 min verringere ich die Temperatur auf 175° C und lasse es noch eine weitere Stunde im Ofen. Auskühlen lasse ich das Brot auf einem Gitter.
Brotbacken leicht gemacht
Erst nachdem ich mich eine Weile vom Brotbacken verabschiedet habe, hat es mir wieder Spaß gemacht. Heute gehe ich mit einer Leichtigkeit an die Sache heran. Wenn ich merke, dass sich der Teig nicht so entwickelt, wie ich das möchte – ja, dann füge ich auch schon mal ein bisschen Hefe hinzu. Warum auch nicht? Ich bin nicht streng mit den genauen Grammangaben und wenn mein Brotteig nach 3h Gehzeit sich kaum verändert hat, dann geht er eben noch länger. All das war ein Prozess. Ja, ich bin manchmal eine Perfektionistin, aber ich habe gleichzeitig auch keine Geduld. Irgendwann müssen die Dinge dann einfach funktionieren, egal wie. Und ich habe meinen (Sauerteig-)Weg gefunden.